Der Gerfalke

Im folgenden Abschnitt haben wir für Sie interessante Informationen über den Gerfalken zusammengestellt. Illustriert wurden die Texte mit Fotos von fokus-natur.de.

Lateinisch:   Falco rusticolus

Englisch:   Gyrfalcon

Französisch:   Faucon gerfaut

Schwedisch:    jaktfalk

Spanisch:   Halcón Gerifalte

Italienisch:   Girfalco

Russisch:   Кречет

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Porträt Gerfalke

Verbreitung und Bestand des Gerfalken

Die Weibchen des Gerfalken erreichen fasst die Größe eines Mäusebussards und sind damit die größten Falken weltweit. Da der Sexualdimorphismus bei dieser Art deutlich ausgeprägt ist, erreichen die kleineren Männchen (Größe  ca. 50 cm, Flügelspanne 110 – 120 cm, Gewicht um 1000 g) lange nicht die Körpermaße ihrer weiblichen Partnerinnen (Größe ca. 60 cm, Flügelspanne 120 -130 cm, Gewicht  1500 – 2000 g).

Die zirkumpolar verbreitete Art besiedelt die nördlichsten Regionen Eurasiens und Nordamerikas. Dabei bevorzugt sie felsige Küstenregionen mit großen Seevogelkolonien und weite Flusstäler mit felsigen Prallufern. Hier finden die Gerfalken die für sie zum Nahrungserwerb wichtigen offenen Landschaften.

Der weltweite Bestand wird heute auf weniger als 50.000 erwachsene Vögel geschätzt (8). Etwa 1000 – 2000 Paare davon brüten derzeit  im europäischen Teil des Verbreitungsgebietes.

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Beschreibung des Gerfalken

Aufgrund der auffällig unterschiedlichen Farbmorphen von fast Reinweiß bis Dunkelgrau ging man früher von bis zu sieben Unterarten aus. Demgegenüber werden heute allerdings alle diese regionalen Spezifikationen  – boreale Gebiete meist dunkle Vögel; niederarktische Zone meist grau und hocharktische Gebiet  vorrangig weiß –  als eine einzige (monotypische) Art zusammengefasst.

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Während nordrussische und sibirische Gerfalken als typische Zugvögel zusammen mit ihren Hauptbeutetieren, den Schneehühnern, 1000 bis 2000 Kilometer südlich ihrer Brutgebiete überwintern, verlassen die Altvögel der isländischen und skandinavischen Populationen ihre Reviere das ganze Jahr über nicht. Nur Jungvögel verstreichen nach dem Selbstständigwerden schließlich aus den Revieren der Eltern.

Brutverhalten des Gerfalken

Bereits sehr zeitig im Jahr- oft schon im Februar –  beginnen europäische Gerfalken mit ihrer falkentypischen Balz. Eigene Nester werden dabei, wie bei allen Falken, nicht gebaut. Entweder sind es geschützte Felsnischen, in denen eine mit wenig Moos und Flechten gepolsterte Nestmulde geformt wird, oder es werden alte Nester von  Kolkraben oder anderen Greifvögeln nachgenutzt. Im Bereich der Waldtundra kann es sich dabei regelmäßig auch um Baumhorste handeln.

In Skandinavien erfolgt die Ablage der meist drei bis vier Eier normalerweise bereits ab April. Die anschließende, etwa fünfwöchige Bebrütung wird dann größtenteils vom Weibchen übernommen, während das Männchen kurzfristige Brutphasen absichert und ansonsten die Nahrungsversorgung gewährleistet. Nach einer Nestlingszeit von 46 – 53 Tagen (2) verlassen die Jungvögel schließlich den Horst und werden oft noch bis zu sechs Wochen von ihren Eltern mit Nahrung versorgt.

 „Obwohl fast alle in seinem Lebensraum vorkommenden Arten von Vögeln und kleinen Säugetieren zu seinem Nahrungsspektrum zählen, ist der Gerfalke während der Fortpflanzungsperiode sehr stark auf Schneehühner spezialisiert; wenn es viele davon gibt, können sie 80 – 90 % der Nahrung bilden, in der Biomasse sogar 89-98 %.“ (2) Liegen die Brutplätze der Falken in der Nähe von Seevogelkolonien, kann natürlich auch deren Anteil am Beutespektrum einen beträchtlicher sein.

Aktuelle Gefährdung des Gerfalken

Obwohl der Weltbestand des Gerfalken derzeit als stabil eingeschätzt werden kann, sind zumindest lokale Populationen auch heute immer noch durch menschliche Aktivitäten gefährdet. Neben direkten Beeinträchtigungen durch touristische Aktivitäten in unmittelbarer Nähe der Brutplätze ist es nach wie vor die besondere Eignung des Gerfalken als Beizvogel, die sich negativ auf den Erhalt der Art auswirkt. Als größter Falke mit einer Fuggeschwindigkeit, die teilweise noch über der des Wanderfalken liegt, ist Falco rusticolus bereits seit dem Mittelalter einer der gefragtesten und wertvollsten Beizvögel. Insbesondere im arabischen Raum gelten gerade rein weiße Gerfalken auch heute noch als Statussymbol.

Ein Beitrag von Deutschlandradio Kultur vom 10.05.2011 lässt erahnen, dass die ungeheure Nachfrage auch heute wohl nicht ausschließlich über legale Zuchttiere abgedeckt werden dürfte:

„Früher haben Beduinen einheimische Falken zum Jagen gefangen und nach ein paar Monaten wieder freigelassen. Heute ist die Beizjagd ein luxuriöses Hobby vor allem der reichen Ölscheichs. Die Falken für die Jagd stammen offiziell aus Züchtungen. Doch noch immer werden illegal gefangene Wildfalken aus der ganzen Welt, zumeist aber aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, in den Mittleren Osten gebracht – ein Schwarzmarkt mit einem geschätzten Volumen von 300 Millionen Dollar, sagt Parrot, der die Falkenschutzorganisation ” Union for the Conservation of Raptors” gründete. Denn nur wer einen Wildfalken zähmt, der gilt etwas als arabischer Falkner. Parrot schätzt, dass jährlich zwischen 7,000 und 14,000 Wander- Ger- und Würgfalken nach Saudi Arabien, Bahrain, Kuwait und in die Vereinigten Arabischen Emirate geschmuggelt werden, um die Falkensammlungen der Scheichs zu bereichern.“

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Aber selbst die offizielle Zucht von Falken für die Beizjagd ist in den letzten Jahren durch die Erzeugung von Hybriden infolge der Kreuzung verschiedener Arten immer mehr zu einem Problem geworden. Infolge des ungewollten Entweichens solcher Hybridfalken aus der Gefangenschaft treten nachweislich genetische Verfälschungen der freilebenden Populationen auf, die für den Fortbestand der einheimischen Arten negative Folgen haben können.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie z.B. in einem interessanten Beitrag des Naturmagazins Berlin-Brandenburg von Jürgen Herrmann:

Naturmagazin Berlin- Brandenburg Ausgabe 2/2012

“Das Privileg, einen Falken zu halten”      Beizjagd und Falknerei heute – zwischen Tradition und Geschäftsidee

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Aufgrund der aufgezeigten Probleme wurde die Züchtung von Hybridfalken einheimischer Arten in Deutschland seit 2005  gesetzlich beschränkt und ab 2015 völlig verboten.

Quellenangaben:
  • Theodor Mebs; Daniel Schmidt: Greifvögel Europas – Biologie – Bestandsverhältnisse – Bestandsgefährdung. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart  2012  (1)
  • Theodor Mebs; Daniel Schmidt: Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens – Biologie – Kennzeichen – Bestände. Franckh-Kosmos Verlag,  2. Auflage 2014  (2)
  • Alfred Brehm:  Brehms Tierleben, 3. Band  – Die Vögel ;  Bibliografisches Institut, Leipzig und Wien, 1921 (7)
  • BirdLife International. 2017. Falco rusticolus (amended version of 2016 assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T22696500A110639833. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2017-1.RLTS.T22696500A110639833.en. Downloaded on 22 January 2019.(8)