Der Schlangenadler

Im folgenden Abschnitt haben wir für Sie interessante Informationen über den Schlangenadler zusammengestellt. Illustriert wurden die Texte mit Fotos von fokus-natur.de.

Lateinisch:   Circaetus gallicus   (Falco gallicus)
Englisch:   Short-toed Snake-Eagle  
Französisch:   Circaète Jean-le-Blanc  
Schwedisch:   ormörn  
Spanisch:   Culebrera Europea  
Italienisch:   Biancone  
Russisch:   Обыкновенный змееяд  

Schlangenadler, Circaetus gallicus, Short-toed Eagle, vögel, birds, greifvögel, Accipitriformes, raptors, adler, eaglePorträt Schlangenadler

„In Europa lebt eine Art der Gattung, der Schlangen- oder Natternbussard, Schlangen- oder Natternadler…Der auffallende und leicht kenntliche Raubvogel mag früher mit lichten Bussarden verwechselt worden sein, bis man anfing, auf ihn zu achten. Seit dieser Zeit hat man ihn überall in Deutschland, namentlich in Preußen, Schlesien, der Mark Brandenburg, Mecklenburg, auf dem Westerwalde und in der Pfalz als Brutvogel, außerdem aber in allen Teilen unseres Vaterlandes als Zugvogel beobachtet. In Deutschland ist er ein Sommervogel, der Anfang Mitte Mai eintrifft und uns im September wieder verläßt, um den Winter in Mittelafrika und Südasien mit dort fest Angesiedelten seiner Art zu verbringen. Seinen Stand  wählt er sich in großen, einsamen Waldungen, und hier führt er, soweit bekannt, ein wahres Stilleben oder macht sich doch wenig bemerklich.“(7)

Diese Einschätzung Alfred Brehms führt uns eindringlich die negativen Veränderungen in der natürlichen Umwelt Mitteleuropas innerhalb der letzten 150 Jahre vor Augen. Eine im Nahrungserwerb so spezialisierte Art wie der Schlangenadler, die eigentlich von den derzeitigen  klimatischen Veränderungen profitieren könnte, findet heute keinen Platz mehr in einer von intensiver Landwirtschaft zerstörten Kulturlandschaft, die für sie jegliche Nahrungsbasis vermissen lässt. 

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Verbreitung des Schlangenadlers

Heute besiedeln Schlangenadler in lückenhafter Verteilung hauptsächlich die südwestlichen Regionen der Paläarktis und weite Teile Pakistans und Indiens. Weitere isolierte Vorkommen sind aus der Mongolei, von der Arabischen Halbinsel und den Kleinen Sundainseln (Indonesien) bekannt.

Der Gesamtbestand der Westpaläarktis wird heute auf etwa 22 000 Brutpaare geschätzt; der von Europa auf fast 18 000, wovon mehr als die Hälfte in Spanien zu Hause sind (2). Südspanien und Nordwestafrika sind auch die Gebiete, in denen einige der Brutvögel überwintern, während alle anderen europäischen Brutvögel diese Zeit in der Sahelzone südlich der Sahara verbringen.

In Deutschland tritt die Art heute nur noch ganz vereinzelt als Sommergast auf.

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Mit etwas weniger als 70 cm Körpergröße und einer Flügelspannweite von ca. 170 cm sind die insgesamt recht hell wirkenden Schlangenadler deutlich größer als ein Mäusebussard. Weibchen können zwar mit bis zu 2 300 g etwa 20 % schwerer werden als Männchen, unterscheiden sich aber in Färbung und Abmessung kaum von diesen.

Nahrungserwerb des Schlangenadlers   

         

Typisch für die Art ist der langsame, oft von ausdauernden Rüttelphasen oder vom „gegen den Wind in der Luft Stehen“ unterbrochene Suchflug. Dieses Verhalten ist sicher als Anpassung an die unter Greifvögel einmalige Ernährung zu verstehen. Die namensgebende Reptiliengruppe der Schlangen bildet nämlich den mit Abstand (mitunter fast 90 %) größten Teil seiner Beute. Obwohl ungiftige Nattern – meist über 1 m Länge; ausnahmsweise bis 1,80 m – den Hauptanteil seiner Beute ausmachen, werden auch giftige Arten nicht verschmäht, sondern, da der Adler nicht gegen Schlangengift immun ist, mit der nötigen Vorsicht zur Strecke gebracht. Außer Schlangen werden in geringerem Umfang Vertreter weiterer Reptilienarten, Kleinsäuger und Vögel bis etwa Taubengröße, ausnahmsweise auch Insekten und Wirbellose als Nahrung aufgenommen.

Lebensraum und Fortpflanzung des Schlangenadlers

Die Art der Nahrung ist natürlich auch entscheidend für die Wahl des Lebensraumes. Nur wärmebegünstigte, offene bis halboffene, extensiv genutzte oder nutzungsfreie Räume mit einem artenreichen Reptilienvorkommen können von Schlangenadlern dauerhaft besiedelt werden.

Ein weiteres Kriterium für die Eignung als Brutplatz ist das Vorhandensein zumindest einzelner größerer Bäume in deren Krone die, mit kaum mehr als einem halben Meter Durchmesser und 30 cm Höhe  recht kleinen Horste errichtet werden können. Diese Nester werden in der Regel von beiden Altvögeln – oft intensiver vom Männchen –  alljährlich neu errichtet und in der Nestmulde mit grünen Zweigen ausgelegt. Obwohl Schlangenadler nicht in Dauerehe leben, bewirkt ihre individuelle Ortstreue, dass sich dieselben Vögel nach der Trennung im Winterquartier doch anschließend  im selben Revier über mehrere Jahre wieder miteinander verpaaren. Die Geschlechtsreife erreichen die Adler mit etwa 3 – 4 Jahren. Die einzige Jahresbrut besteht stets nur aus einem Ei. Fast sieben Wochen kann die Bebrütung, die fast ausschließlich vom Weibchen übernommen wird, in Anspruch nehmen. Die anschließende Nestlingszeit beträgt etwa 60 – 80 Tage. Nachdem anfangs das Weibchen das frischgeschlüpfte Dunenjunge noch geraume Zeit hudert (wärmt) und in dieser Zeit Beide vom Männchen mit Nahrung versorgt werden, teilen sich beide Altvögel später die Aufzucht des Jungvogels.

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In freier Natur wurde durch Beringung ein Höchstalter von 17 Jahren für den Schlangenadler festgestellt.    

Quellenangaben:
  • Theodor Mebs; Daniel Schmidt: Greifvögel Europas – Biologie – Bestandsverhältnisse – Bestandsgefährdung. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart  2012  (1)

  • Theodor Mebs: Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens – Biologie – Kennzeichen – Bestände. Franckh-Kosmos Verlag,  2. Auflage 2014  (2)

  • Alfred Brehm:  Brehms Tierleben, 3. Band  – Die Vögel ;  Bibliografisches Institut, Leipzig und Wien, 1921 (7)

  • IUCN 2014. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2014.2. . Downloaded on 2017 (8)